Skip to main content

FVA-Workbench KnowledgeBase

Pressverbände

Pressverbindungen sind Maschinenelemente die eine Welle mit einer Nabe verbinden und zur kraftschlüssigen unmittelbaren Drehmomentübertragung dienen.

Die Berechnung von zylindrischen und kegeligen Pressverbänden erfolgt grundsätzlich nach DIN 7190-1 und 2 (2017) mit Erweiterungen nach Kollmann. Diese Berechnung basiert auf der Modifizierten Schubspannungshypothese nach Kollmann. Im Rahmen von FVA 985 wurde alternativ die Möglichkeit geschaffen als Spannungshypothese die Gestaltänderungshypothese nach Von Mises zu wählen. Die Berechnung basiert dann auf dem Ansatz aus FVA 566.

Die Berechnung von Mehrfachpressverbänden geht über die DIN 7190 hinaus und basiert ebenfalls auf FVA 566.

Kernergebnisse der Berechnung sind die Sicherheit gegen (beginnende) Plastifizierung sowie die Rutschsicherheit. Des Weiteren kann ein Festigkeitsnachweis der Welle nach DIN 743 oder FKM-Richtlinie geführt werden.

Sicherheit gegen Plastifizierung

Für Innenteil und Außenteil des Pressverbandes (Welle und Nabe) ergibt sich die Sicherheit gegen plastische Dehnung sowie die Sicherheit gegen vollplastische Beanspruchung nach DIN 7190 durch den Vergleich des Fugendrucks im Pressverband mit dem jeweiligen Grenzfugendruck.

Der Grenzfugendruck für plastische Dehnungen (Beginn des elastisch-plastischen Bereichs) des Außenteils ergibt sich nach Gleichung (15) der DIN 7190-1 zu:

pPA=1-QA23ReLAp_{PA}=\frac{1-Q_A^2}{\sqrt{3}}R_{eLA}

Der Grenzfugendruck für vollplastische Beanspruchung des Außenteils ergibt sich nach Gleichung (27) und (28) der DIN 7190-1 zu:

pPA=2ReLA/3p_{PA}=2R_{eLA}/\sqrt{3} für (QA<e-1)(Q_A<e^{-1})

pPA=-2ReLAlnQAp_{PA}=-2R_{eLA}\ln Q_A für (QAe-1)(Q_A\ge e^{-1})

Der Grenzfugendruck für plastische Dehnungen (Beginn des elastisch-plastischen Bereichs) des Innenteils ergibt sich nach Gleichung (16) und (17) der DIN 7190-1 zu:

pPI=(1-QI2)ReLI/3p_{PI}=(1-Q_I^2)R_{eLI}/\sqrt{3} für (QI>0)(Q_I>0)

pPI=2ReLI/3p_{PI}=2R_{eLI}/\sqrt{3} für (QI=0)(Q_I=0)

Der Grenzfugendruck für vollplastische Beanspruchung des Innenteils ergibt sich nach Gleichung (2.42) in Kollmann (bzw. für volle Innenteile nach Gleichung (30) der DIN 7190-1) zu:

pPI=2(1-QI)ReLI3p_{PI}=\frac{2(1-Q_I)R_{eLI}}{\sqrt{3}}

Wenn die Berechnung auf Basis der Gestaltänderungshypothese (Von Mises) durchgeführt wird, ergibt sich die Sicherheit gegen beginnende Plastifizierung jedes Teils durch den Vergleich der Vergleichsdehnung an der Innenseite mit der Grenzdehnung (bei der die Streckgrenze erreicht wird):

Gleichung 220.
ϵp=ReL2(1+ν)3E\epsilon_p=R_{eL}\frac{2\left(1+\nu\right)}{3E}


Die Sicherheit gegen vollplastische Beanspruchung ergibt sich durch den Vergleich der Vergleichsdehnung an der Außenseite mit der Grenzdehnung, sowie den Vergleich der Radialspannung an der Innenseite mit der Streckgrenze.

Sicherheit gegen Rutschen

Nach DIN 7190-1 und DIN 7190-2 ergeben sich folgende Formeln um die maximalen Belastungen die der Pressverband übertragen kann zu bestimmen (Annahme: Fugendruck wird vollständig von der jeweiligen Belastung aufgebraucht):

Max. zulässiges Drehmoment (Formel (17) DIN 7190-2 bzw. (1) DIN 7190-1):

Tzul=π2cos(β)lFDFm2pmνru1-(tan(β)νrl)2T_{zul}=\frac{\pi}{2\cos(\beta)}l_FD_{Fm}^2p_m\nu_{ru}\sqrt{1-\left(\frac{\tan(\beta)}{\nu_{rl}}\right)^2}

Max. zulässige Axialkraft (Formel (18) DIN 7190-2 bzw. (2) DIN 7190-1):

Fax,zul=πlFDFmpm(νrl-tan(β))F_{ax,zul}=\pi l_FD_{Fm}p_m(\nu_{rl}-\tan(\beta))

Max. zulässiges Biegemoment bei Kegelpressverbänden (Formel (27) DIN 7190-2):

Mb,zul=fQpmDFmlF2[0.1+0.4νrucos(β)+νrl(DFmlF-0.05πtan(β))]M_{b,zul}=f_Qp_mD_{Fm}l_F^2\left[0.1+0.4\frac{\nu_{ru}}{\cos(\beta)}+\nu_{rl}\left(\frac{D_{Fm}}{l_F}-0.05\pi\tan(\beta)\right)\right]

Seit der FVA-Workbench 8.1 wird die verbesserte Formel für das max. zulässiges Biegemoment bei Kegelpressverbänden mit Formel (33) aus FVA 787 I verwendet:

Mb,zul=fQpmDFmlF2[0.12+0.3νrucos(β)+νrl(DFmlF-0.05πtan(β))]M_{b,zul}=f_Qp_mD_{Fm}l_F^2\left[0.12+0.3\frac{\nu_{ru}}{\cos(\beta)}+\nu_{rl}\left(\frac{D_{Fm}}{l_F}-0.05\pi\tan(\beta)\right)\right]

Die Rutschsicherheit für Einzelbelastungen ergibt sich durch den vergleich der max. zulässigen Belastung mit den übertragenen Lasten.

In der Praxis kommt es meist zu einer kombinierten Belastung des Pressverbandes, d.h. der Fugendruck muss aufgeteilt werden. Aus der Gültigkeit des Coulombschen Reibungsgesetz in der Pressfuge ergibt sich bei kombinierten Belastungen ein ellipsoider Zusammenhang für den Übertragungsbereich der Pressverbindung (vgl. u.a. Abschlussbericht FVA 312-I Abschnitt 6.5). Die kombinierte Rutschsicherheit einer Kegelpressverbindung ergibt sich zu:

SR=(1SR,Fax)2+(1SR,T)2+(1SR,Mb)2S_R=\sqrt{\left(\frac{1}{S_{R,F_{ax}}}\right)^2+\left(\frac{1}{S_{R,T}}\right)^2+\left(\frac{1}{S_{R,M_b}}\right)^2}

bzw.

1SR=(FaxFax,zul)2+(TTzul)2+(MbMb,zul)2\frac{1}{S_R}=\sqrt{\left(\frac{F_{ax}}{F_{ax,zul}}\right)^{2}+\left(\frac{T}{T_{zul}}\right)^{2}+\left(\frac{M_b}{M_{b,zul}}\right)^{2}}

Bei Zylinderpressverbindungen entfällt der Term mit dem Biegemoment.

Bestimmung Fugendruck / Übermaß

Bei der Auslegung von Pressverbänden treten zwei Rechengänge auf:

  1. Fugendruck p gegeben, wirksames Übermaß U_w bzw. Übermaß U gesucht.

  2. Übermaß U bzw. wirksames Übermaß U_w gegeben, Fugendruck p gesucht.

DIN 7190-1 beschreibt im Abschnitt 4.2 die beiden Rechengänge für rein elastisch beanspruchte Pressverbände. Im Abschnitt 4.3 wird dann die Berechnung von elastisch-plastisch beanspruchten Pressverbänden unter gewissen Einschränkungen dargelegt. In der FVA-Workbench wird bei der Verwendung der Modifizierten Schubspannungshypothese für elastisch-plastisch beanspruchte Pressverbände der allgemeinere Ansatz nach Kollmann verfolgt, die Formeln der DIN 7190 ergeben sich dann als Spezialfall. Bei Verwendung der Gestaltänderungshypothese wird auf den Berechnungsansatz aus FVA 566 zurückgegriffen.

Bei Kegelpressverbänden werden Aufschubweg und Übermaß ineinander umgerechnet.

Betriebsbedingungen

In der FVA-Workbench wird zunächst immer der Pressverband nach dem Fügen berechnet (stehend bei Raumtemperatur). Der Nutzer kann wahlweise die Berücksichtigung der Betriebstemperatur und/ oder der Drehzahl des Pressverbandes aktivieren. In diesem Fall wird die Übermaßänderung durch die Betriebstemperatur sowie die Verringerung des Fugendrucks aufgrund der Zentrifugalkraft (Vergleiche DIN 7190-1 Abschnitt 10.2) mit berücksichtigt. Die Zentrifugalkraft wirkt sich auch auf den Spannungsverlauf in den Bauteilen aus. Die Sicherheiten gegen Plastifizierung werden für alle Fälle ausgegeben. Die Rutschsicherheit wird für den worst-case aller betrachteten Varianten bestimmt.

Fügetemperaturen

Wenn der Nutzer die Berücksichtigung der Temperatur aktiviert werden für verschiedene übliche thermische Fügeverfahren von Querpressverbänden die jeweils notwendigen Fügetemperaturen von Innen- und Außenteil unter Einhaltung des gegebenen Fügespiels bestimmt. Siehe auch DIN 7190-1 Abschnitt 8.2.

Pressverbände mit mehreren Fugenabschnitten

In der FVA-Workbench besteht die Möglichkeit Pressverbände zu berücksichtigen bei denen sich der Nabenaußendurchmesser und/ oder der Welleninnendurchmesser über die Fugenlänge verändern. Dazu wird die Scheibchenmethode nach DIN 7190-2 Abschnitt 4.4 angewendet. Dazu wird der Pressverband in Scheiben mit konstanten Durchmessern eingeteilt. Für jede Scheibe wird dann aus dem Übermaß der jeweils auftretende (mittlere) Fugendruck ermittelt und die entsprechenden Sicherheiten gegen Plastifizierung ausgegeben. Die max. zulässigen Belastungen der einzelnen Scheiben werden aufsummiert.

Eingabemöglichkeiten

Zylinderpressverband

Es stehen folgende Berechnungsvarianten zur Verfügung:

  • Vorgabe Fugendruck

  • Vorgabe Übermaß, Möglichkeit zur Berechnung von Pressverbänden mit mehreren Fugenabschnitten

  • Vorgabe Toleranzen bzw. Abweichungen, Möglichkeit zur Berechnung von Pressverbänden mit mehreren Fugenabschnitten

  • Fugendruck wird anhand der zu übertragenden Belastungen unter Einhaltung der Soll-Rutschsicherheit ermittelt

Der Fugendurchmesser sowie der Welleninnendurchmesser werden automatisch aus der Wellenkontur bestimmt.

Kegelpressverband

Es stehen folgende Berechnungsvarianten zur Verfügung:

  • Vorgabe Fugendruck

  • Vorgabe Ausnutzung, also des Verhältnis des Fugendruck zum Grenzfugendruck für plastische Dehnung (entspricht dem Kehrwert der Sicherheit gegen beginnende Plastifizierung)

  • Vorgabe min. und max. Aufschubweg, Möglichkeit zur Berechnung von Pressverbänden mit mehreren Fugenabschnitten

  • Fugendruck wird anhand der zu übertragenden Belastungen unter Einhaltung der Soll-Rutschsicherheit ermittelt.

Es ist die Orientierung der Kegelspitze sowie das Kegelverhältnis C der Fuge anzugeben:

C=1:lFD-d=D-dlF=2tan(β)C=1:\frac{l_F}{D-d}=\frac{D-d}{l_F}=2\tan(\beta)

Zur Bestimmung der Fugendurchmesser wird entweder der mittlere Fugendurchmesser aus der Wellenkontur ermittelt oder der maximale Fugendurchmesser vorgegeben.

Bei Vorgabe des Kegelwinkelfehlers wird das sich ergebende Durchmesserspiel in der Mitte der Fugenabschnitte ermittelt, welches das wirksame Übermaß reduziert.

Es besteht die Möglichkeit das Verschiebemaß aus den Toleranzen von Welle und Nabe zu bestimmen.

Weitere Geometrieparameter

Es können bis zu 7 Fugenabschnitte jeweils mit Länge und zugehörigem Nabenaußendurchmesser angegeben werden. Bei Kegelpressverbänden wird der zugehörige mittlere Fugendurchmesser jedes Abschnitts automatisch aus dem mittleren bzw. maximalen Gesamtfugendurchmesser anhand des Kegelverhältnis und der Orientierung der Kegelspitze ermittelt.

Übertragene Belastungen

  • Im Rahmen der Gesamtsystemanalyse werden die durch den Pressverband übertragenen Belastungen automatisch ermittelt

  • Im Falle einer Einzelrechnung des Pressverbandes werden die übertragenen Belastungen vom Anwender angegeben

  • Beim Kegelpressverband wird nur eine lösende Axialkraft (also in Richtung der Kegelspitze) berücksichtigt

Spannungshypothese

Die Berechnung von zylindrischen und kegeligen Pressverbänden erfolgt grundsätzlich nach DIN 7190-1 und 2 (2017) mit Erweiterungen nach Kollmann. Diese Berechnung basiert auf der Modifizierten Schubspannungshypothese nach Kollmann. Im Rahmen von FVA 985 wurde alternativ die Möglichkeit geschaffen als Spannungshypothese die Gestaltänderungshypothese nach Von Mises zu wählen. Die Berechnung basiert dann auf dem Ansatz aus FVA 566. Dies ermöglicht auch die Berücksichtigung einer Spannungs-Dehnungs-Kurve, sonst wird ein idealplastisches Materialverhalten angenommen.

Oberflächenparameter

Aufgrund der Glättung von Rauheitsspitzen beim Fügen ergibt sich das wirksame Übermaß nach dem Fügen. Dazu kann die gemittelte Rautiefe Rz der Fügeflächen sowie der Glättungsfaktor angegeben werden.

Für die Bestimmung der übertragbaren Belastungen sowie der notwendigen (De-)Montagekräfte sind die Haftbeiwerte anzugeben. Siehe auch Abschnitt 5 der DIN 7190-1.

Auslegung von Pressverbänden

Bei der Auslegung eines Pressverbands empfiehlt sich folgendes Vorgehen

  1. Ermittlung des minimalen Übermaß anhand der zu übertragenden Belastungen und der Soll-Rutschsicherheit

  2. Im Falle eines Kegelpressverbands kann nun über die Vorgabe der max. Ausnutzung direkt das maximale Übermaß (bzw. der zugehörige Aufschubweg) ermittelt werden. Bei Zylinderpressverbänden kann dies über die Verrechnung des minimalen Übermaßes mit den zugehörigen Sicherheiten gegen Plastifizierung erfolgen.

  3. Schließlich kann anhand der ermittelten Grenzwerte eine praxistaugliche Passung (Zylinderpressverband) bzw. min. und max. Aufschubweg (Kegelpressverband) ausgewählt und die zugehörigen Sicherheiten ermittelt werden.

Mehrfachpressverbände

Die Berechnung von Mehrfachpressverbä¤nden geht über die DIN 7190 hinaus und basiert auf FVA 566. Es können elastisch- als auch elastisch-plastisch beanspruchte Mehrfachpressverbände mit bis zu 4 Teilen (also 3 Fugen) nach der GEH (Gestaltänderungsenergiehypothese nach v. Mises) berechnet werden. Im elastisch-plastischen Bereich ist die Berücksichtigung von Spannungs-Dehnungs-Kurven möglich.

Es stehen folgende Berechnungsvarianten zur Verfügung:

  • Vorgabe des Fugendrucks in allen Fugen

  • Vorgabe des Übermaß in allen Fugen

  • Vorgabe der Toleranzen bzw. Abweichungen in allen Fugen

Der Wellenaußen- und Welleninnendurchmesser werden automatisch aus der Wellenkontur bestimmt. Des Weiteren ist der Außendurchmesser aller Nabenteile anzugeben. Alle Nabenteile haben die gleiche Länge (= Fugenlänge).

Übertragene Belastungen

  • Im Rahmen der Gesamtsystemanalyse werden die durch den Pressverband übertragenen Belastungen automatisch ermittelt

  • Im Falle einer Einzelrechnung des Pressverbandes werden die übertragenen Belastungen vom Anwender angegeben

  • Es besteht die Möglichkeit die Innenseite der Hohlwelle sowie die Außenseite der äußersten Nabe mit einem zusätzlichen Druck zu beaufschlagen.

Oberflächenparameter

Aufgrund der Glättung von Rauheitsspitzen beim Fügen ergibt sich das wirksame Übermaß nach dem Fügen. Dazu kann die gemittelte Rautiefe Rz der Fügeflächen sowie der Glättungsfaktor angegeben werden.

Für die Bestimmung der übertragbaren Belastungen sowie der notwendigen (De-)Montagekräfte sind die Haftbeiwerte anzugeben. Siehe auch Abschnitt 5 der DIN 7190-1.

Fügeprozess

Die Fügereihenfolge (von Innen nach Außen oder von Außen nach Innen) ist anzugeben. Für die Bestimmung der Fügetemperaturen ist das Fügespiel anzugeben. Es kann gewählt werden ob das Fügen durch CO2-Kühlung, N2-Kühlung oder mit benutzerdefinierten Temperaturen erfolgen soll.